Café Magnolia

"Ach ja? Was schwebt Ihnen denn vor, was Sie später machen möchten?" Er schloss die Augen, unter der Brille kaum zu erkennen. Das Gerede um sie herum schlug ihm langsam auf die Nerven, aber auch das sollte ihm den Tag nicht vermiesen. Die Augen wieder aufgeschlagen, legte er seine Zigarre in den Aschenbescher, der zu seinem Verdruss noch immer nicht geleert war. Nicht, dass sie noch das 'Aroma' des Drecks annehmen würde, der sich darin befand.

Missmutig presste sie die Lippen zusammen und starrte auf den Aschenbecher. "Ich glaube nicht, dass ich die Möglichkeit dazu haben werde, irgendetwas nach der Schule zu machen. Mädchen aus meinem Standard heiraten nach der Schule irgendeinen Kerl, den ihr ihre Eltern ausgesucht haben und dann kriegt sie Kinder und kümmert sich um den Haushalt. Ich will mir keine falschen Hoffnungen machen. Mademoiselle, könnten Sie endlich diesen Aschenbecher leeren? Merci" meinte sie etwas zickig zu der Kellnerin, die gerade vorbeikam und beschämt der Anweisung folgte, während sie Marika nichtmal eines Blickes würdigte.

Balor nahm seine Zigarre schnell wieder aus dem Ascher, warf einen neugierigen Blick auf die Kellnerin, amüsiert darüber, wie beschämt sie war und legte sein Genussobjekt wieder zurück. "Dankeschön", sagte er mehr zu Marika, als zur Bedienung, meinte aber durchaus auch diese damit. "Nun, und ein Mädchen Ihres geistigen Kalibers wendet sich nicht gegen die Traditionen? Es wäre ja geradezu Verschwendung, wenn Sie nichts daraus machen könnten."

Sie zuckte nur die Schultern, sie konnte unnachgiebige Angestellte nicht leiden und war da auch völlig gefühlskalt. "Sicherlich... aber ich möchte meine Familie nicht enttäuschen. Das ist alles so leicht gesagt, aber in meinen Kreisen ist das alles nicht so einfach. Ich kann von Glück sprechen, wenn ich einen Mann haben werde, der akzeptiert, das ich intelligent bin" meinte sie ruhig, aber innerlich rastete sie völlig aus, sie wollte das nicht, aber sie wollte ihren Vater nicht verlieren.

Balor nickte ruhig. Er konnte nur hoffen, dass Marikas Ausbruch aus diesem ganzen Traditionsgehabe nicht so endete wie seiner, es wäre wirklich schade um sie. Sicher war er sich dabei, dass sie das nicht ewig mit sich machen lassen würde. "Aber vielleicht finden Sie einen solchen ja sogar, Mademoiselle."

"Vielleicht, aber mein Vertrauen in die Männerwelt ist nicht sonderlich groß, und ich will sie damit nicht beleidigen, die Ausnahmen bestätigen die Regel" sagte sie ruhig und schwenkte die leere Espressotasse in ihrer Hand.

Er schenkte ihr ein Lächeln, wobei er sicher nicht derjenige war, der der Frauenwelt in irgendeiner Weise Hoffnung schenken würde, eher im Gegenteil. Womöglich war er sogar einer von den Männern, die verbitterte, männerhassende Frauen zurückließen. "Seien Sie so wählerisch, wie es Ihnen mit Ihrer Familie nur möglich ist", bekräftigte er. "Und genießen Sie heute bloß das schöne Wetter und den freien Tag."

Sie erwiderte sein Lächeln. "Das hatte ich auch vor, man sollte die Hoffnung nie zu früh aufgeben, vielleicht passiert ja noch ein Wunder" sagte sie grinsend und zuckte die Schultern.

"Ein Wunder", wiederholte Balor und lachte etwas. Er nahm seine Tasse und hielt sie sich unter die Nase, um den Duft des Kaffees einzuatmen, danach nahm er einen Schluck. "Haben Sie schon Austauschschüler kennen gelernt, Mademoiselle Dolohov?"

"Indirekt, Monsier. Mein Vater hat mich unterrichtet, dass der Sohn seines Freundes und seine Tochter auch daran teilnehmen. Naja, wir haben früher oft zusammen gespielt, aber das ist auch schon eine Weile her. Der Name Greengrass sagt Ihnen hoffentlich etwas" sagte sie ruhig und legte die Hände in ihren Schoss.

"Ja, das tut er", antwortete Balor ausdruckslos, doch er wusste nur von Ungefähr, welche Familie sie meinte. Der Name war ihm ein paar Male untergekommen. Wenngleich seine eigene Familie Kontakt zu anderen Schwarzmagiern hatte, hatte er selbst nur wenig davon mitbekommen und er war zu überheblich seine Versäumnisse nachzuholen, sich über jene zu informieren. "Hm, ich habe hier noch keinen Schüler gesehen, den ich einordnen könnte."

Sie zuckte ein wenig die Schultern. Sicher war sie beliebt bei ihren Klassenkameraden und so weiter, aber eigentlich interessierten sie ihre Mitmenschen wenig, was sie nie zeigte. Fakt war doch, dass sie sie nur mochten, weil sie intelligent war und gut in der Schule. "Ich auch nicht, aber ehrlich gesagt, habe ich auch noch nicht Ausschau gehalten"

"Denken Sie daran, dass es die Aufgabe Beauxbatonsschülern ist, hilflosen Austauschschülern zu helfen", sagte er mit einem Grinsen auf den Lippen. Er sah diesen Austausch als eine Chance international zu agieren. Durmstrang war der Schwarzmagie generell nicht abgeneigt und in England ließen sich viele Anhänger Voldemorts finden. Die Jugend ist die Gesellschaft von morgen, predigte Balor immer, und darin lag auch der Kern: Kinder waren leichter zu beeinflussen und wenn sie mündig wurden, zahlte sich das aus.

Sie grinste ihn nur demonstrativ schief an. "Sicher, aber mein Interesse liegt nur am Enkel des dunklen Lords, Monsier." trällerte sie zuckersüß und ihre Augen funkelten geheimnisvoll.

"Mmh", stoß er grinsend aus, er hatte verstanden und es gefiel ihm äußerst gut. Er griff wieder zu seiner Zigarre und musste sie neu anzünden, bevor er sie weiter rauchte. "Na dann viel Glück, Mademoiselle. Nicht, dass Sie es brauchen würden."

Sie grinste schelmisch und strich sich das Haar zurück. "Glaube ich auch nicht. Nur dumme Menschen brauchen Glück. Solange ich auf ihre Unterstützung hoffen kann" sagte sie und sah ihn aufmerksam an.

Er runzelte die Stirn und stoß langsam einen Schwall Rauch aus. "In wie fern könnte ich Sie in der Angelegenheit denn unterstützen?" Mal davon abgesehen, dass er an Marikas Charme kaum zweifelte, konnte er sich keinen Reim darauf machen, wie er helfen könnte.

Sie zuckte nur die Schultern. "Seelische Unterstützung reicht mir schon. Es tut gut zu wissen, dass ich mit meiner Meinung nicht allein unter den Franzosen stehe. Ich denke, die Situation wird sich schon ergeben. Derzeit kann ich nichts genaueres angeben."

"Natürlich bekommen Sie meine seelische Unterstützung, Mademoiselle", sagte er ruhig und lächelte charmant. Er nahm den letzten Schluck aus seiner Tasse, er war bitterer als der Rest, zog an der Zigarre und genoss den Misch aus den Aromen. Nach einem neuen Kaffee war ihm nicht.

Nathaniel betrat das Cafe. Seine Mutter hatte darauf bestanden noch hier her zu kommen. Schweigend sah er sich um, die Einkaufstüten in einer Hand, die andere in der Hosentasche. "Wo ist den noch was frei?" fragte er und sah sich um. Es war schon ziemlich voll und es waren viele Jugendliche im Cafe. Was ihn nicht wirklich wunderte, so kurz vor ende der Ferien.

Sie erwiderte ein schüchternes Lächeln, bevor etwas in ihrem Augenwinkeln ihre Aufmerksamkeit erregte. Interessiert sah sie den jungen Mann an, der das Café betreten hatte, und wandte sich zurück an Balor. "Monsier, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich den Enkel des dunklen Lords an unseren Tisch bitte?" fragte sie aufgeregt und lächelte bittend.

Balor hob die Hände abwehrend. "Es würde mir keines Wegs etwas ausmachen. Immerhin leiste ich seelischen Beistand", sagte er, untermalte seine Aussage mit einem verschmitzten Grinsen und folgte Marikas Blick, um jenen Enkel zu mustern.

Sie schenkte ihm nur ein schiefes Lächeln, bevor sie sich elegant erhob und sich durch die Tische schlängelte. Es waren zwar schon einige Jahre vergangen, als sie ihn das letzte mal gesehen hatte, aber grundlegend hatte er sich nicht verändert. Erst als sie näher kam, merkte sie, wie groß er geworden war. Größer als sie, und das hatte was zu bedeuten, denn nur selten traf sie gleichaltrige Männer, die sie überragten. Schüchtern tippte sie ihn von der Seite an. "Nathaniel? Erinnerst du dich an mich?" fragte sie auf russisch, was sich für sie schon fast ungewohnt anhörte und sie war froh, dass es noch gut klang.

Nathaniel hatte sich weiter umgesehen. Seine Mutter war bereits dabei mit einem Kellner zu flirten. Er stelte die Einkaufstaschen ab und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Wirklich voll war es. Als er von hinen angestupst wurde drehte er sich langsam um und sah sich einer jungen Frau gegenüber die auf russiche auf ihn einredete. Blinzelnd musterte er sie von oben bis unten. "Marika...allerdings... ich habe dich diese Sommer garnicht gesehen..."

Sie lächelte freudig, als er sie erkannte und musterte ihn jetzt etwas genauer, es tat gut ein bekanntes Gesicht zu sehen, jemanden, der nicht Franzose war und diese ganzen Manierlichkeiten wie Wangenküsse und Handschmatzer nicht durchziehen musste, die nervten sie nämlich unheimlich. "Ja... mein Vater hat mich auch nicht abgeholt..." murmelte sie mit bittren Nachgeschmack, denn sie hatte ihn dieses Jahr noch gar nicht gesehen. Doch sie setzte sofort wieder ein Lächeln auf. "Aber schön, dass du da bist. Wenn du möchtest, kannst du und deine... Mutter, bei uns sitzen, dann kann ich dir Monsier Masson vorstellen, ich habe ihn schon gefragt, ob das für ihn in Ordnung ist" sagte sie ruhig und zeigte in die Richtung, der ruhigeren Ecke, wo der Tisch stand.