Café Magnolia

Ein etwas kleineres, süßes Café, dass viel Gebäck und anderes anbietet, sich in Ruhe zu genehmigen und nur das Ambiente zu geniessen.

cf: Buchhandlung Livrescoeur

Während sie durch die Coinruelle gingen, hatte Balor sich seine Sonnenbrille nun auf die Nase gesetzt. Am Café angekommen wurde seine Träumerei um einen Genussmoment beinahe zerstört: Es war brechend voll. Dennoch fand er ein Plätzchen, an dem sogar ein Sonnenschirm stand. Perfekt. Er schlängelte sich durch die Masse, immer wieder zurück blickend, ob Marika hinter ihm war. Er zog galant einen Stuhl zurück und deutete seiner Schülerin an sich zu setzen.

Still folgte sie ihrem Lehrer, es war schon etwas seltsam, mit seinem Lehrer in ein Café zu gehen, jedenfalls, wenn das jemand sehen würde. Sie seufzte beim Anblick der Menge, sicherlich stand Marika gerne im Mittelpunkt, trotzdem mochte sie keine Ansammlungen von Menschen, die sie nicht kannte. Elegant schlängelte sie sich an den Leuten vorbei und lächelte überrascht, als ihr Masson den Stuhl zurück zog. Sie setzte sich in einer fließenden Bewegung hin. "Dankesehr" hauchte sie etwas berührt und sah sich ruhig um.

Sie seufzte beim Anblick der Menge auf, was Balor nur zu gut verstehen konnte. Jedoch empfand er es als aufmunternd, dass sie wenigstens unter Ihresgleichen waren. Auch er setzte sich hin und hielt gleich Ausschau nach einer Bedienung, die nicht lange auf sich warten ließ. Er bestellte einen schwarzen Kaffee, perfekt zu einer Zigarre. Lieber noch hätte der Lehrer sich einen Whiskey oder etwas in der Klasse bestellt, aber dazu war es definitiv zu früh, also unterdrückte er seinen Durst nach einem Schlückchen Alkohol.
Dann sah er zu seinem Gegenüber. "Das geht natürlich auf mich." Wenn er sie schon mehr oder minder mitschleifte, musste er sie einladen.

Schüchtern fuhr sie sich durchs Haar, sicher hatte sie schon genügend Dates gehabt, aber nicht mit einem Lehrer, das war etwas ganz anderes und sie war unglaublich unsicher, was sie überhaupt sagen durfte, in der Schule war da etwas anderes. "Freundlich von Ihnen... ich hätte gern einen Expresso" Am besten mit einem Schuss Vodka, schoss es ihr in den Kopf, aber sie liess es doch lieber bleiben, das könnte nicht so gut wirken. Aufmerksam sah sie den Lehrer an. "Monsier, was halten sie eigentlich von den Muggelpilotprojekt?" fragte sie interessiert.

Balors Blick wurde misstrauisch, als sie nach dem Muggelpilotprojekt fragte, durch die Brille auf seiner Nase sah man jedoch nur, wie seine Mundwinkel kurz zuckten. "Dieses Projekt, ja.." Er zögerte ein wenig, denn er wusste nicht recht, wie sie dazu stand. Er hatte sich immer viel Mühe gegeben nett und aufgeschlossen zu wirken, aber bei diesem Thema fiel es ihm wirklich schwer. "Nun. Ich denke, dass es schon seine Ordnung hat, wer magisch begabt das Licht der Welt erblickt und wer nicht. Es ist also fraglich, ob Muggel Zauberei lernen dürfen." Er versuchte sich vorsichtig auszudrücken und senkte gar die Stimme ein bisschen. "Und wie steht es mit Ihnen?", fragte er, damit Marika keine großen Fragen stellen konnte, bevor er nicht wusste, auf welcher Seite sie stand. Einerseits wäre sie geradezu geeignet dafür, gegen diese Undinge anzugehen. Wenn sie jedoch gut gegenüber Muggeln eingestellt war, würde seine Authentizität bröckeln.

Wissend schmunzelnd hörte sie ihm zu und ihr Lächeln hatte etwas sehr geheimnisvolles, als sie die dichten Wimpern ihrer hellen Augen senkten. Sie hatte schon immer die Vermutung gehabt, dass ihr Lehrer schwarzmagisch gesinnt war, aber sie war sich nie sicher gewesen.
"Ich weiss wohl, warum ich in Frankreich lebe... Der Name Dolohov sagt Ihnen nichts, Monsier? Monsier, mein Vater war ein gesuchter Todesser, ich komme wohl mehr als alles andere nach meinen Vater. Es ist eine regelrechte Schande, dass Muggel unsere Schule betreten sollen, warum soll man einer unterbemittelten Rasse solch ein Privilig stellen? Mit was haben sie das verdient?" flüsterte sie hastig, laut genug, dass er sie verstand und sie sah ihn mit festen Blick an.

Zunächst war er noch immer misstrauisch, der Name Dolohov sagte ihm tatsächlich nichts. Er hatte nie in Todesserkreisen verweilt, eher in degenerierten, kriminellen. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte sie eine Weile eindringlich. "Das ist wie Musik in meinen Ohren", sagte er dann und seine Lippen verrieten ein zufriedenes Grinsen. Seine Finger kramten in seiner Hemdtasche und holten eine Zigarre hervor. Er hielt sie hoch und fragte: "Darf ich?" Die restlichen Gäste waren Balor relativ egal, aber seine Lieblingsschülerin, die ihm zumal immer sympathischer wurde, wollte er nun nicht stören.

Es baute sich in ihr eine Anspannung auf, als er sich zurück lehnte und sie eindringlich musterte, sie durfte das nicht jedem anvertrauen, und kurz stieg in ihr die Nervösität auf, dass sie sich dem falschen anvertraut hatte. Aber das sah man ihr nicht an, ihr Gesicht blieb das kühle Engelsgesicht, dass es war. Nichtsdestrotz lächelte sie zufrieden, als er sprach. Sie war glücklich, einen Verbündeten gefunden zu haben. Halb sehnsüchtig sah sie auf die Zigarre, sie wusste, dass es schlecht war, sehr schlecht, aber sie roch schon den süßlichen herben Duft von Tabak und schüttelte still den Kopf. "Ja, natürlich, lassen Sie sich nicht von mir davon abhalten" sagte sie höflich und sah auf, als die Kellnerin die Getränke brachte, sie lächelte höflich und zog die Tasse heran und süßte ihn mit Zucker. Ruhig rührte sie um und hob die Tasse an, nur um den herrlichen Duft einzuatmen. "Monsier, wir können nicht einfach zuschauen, wie diese -pardon- Halblüterin von Schulleiterin unsere Schule so beschmutzt..."

"Vielen Dank." Seinen Zigarrenknipser hatte Balor immer dabei, entledigte sich nun also vom Mundstück seines guten Stückes und legte ihn in den Aschenbecher vor ihnen. Nicht geleert, dachte er verächtlich. "Dankeschön", brachte er auch der Bedienung entgegen, als diese die Getränke brachte. Beim behutsamen Anzünden seiner Zigarre half Balor sein Zauberstab, während er Marika zuhörte. Nachdem er ein paar Rauchwolken in die Luft gestoßen hatte, beugte er sich wieder vor und steckte seinen Zauberstab weg. "Ja.. Dass die in ihren jungen Jahren schon in einer solchen Position arbeiten darf", sagte er leise. "Man sieht ja, was daraus wird." Natürlich hatte er nicht vergessen, dass er selbst Hausleiter und vor allem jünger war. Trotzdem war er in seinen Augen geeigneter und die Tatsache, dass sie Halbblüterin war nicht zu vergessen. "Jedenfalls werden wir nicht zu schauen. Bei Weitem nicht."

Sie schloss leicht die Augen und atmete tief durch. Sie hatte es ihrem Vater noch nicht erzählt, aber sie konnte sich vorstellen, was er dazu zu sagen hätte, und zwar nichts gutes. Sie öffnete die Augen und nahmen ein Schluck von dem stark aromatischen Getränk. "Sicher, wo kommen wir sonst hin? Muggel neben Reinblütern, im gleichen Unterricht? Stuhl an Stuhl? Merlin bewahre uns vor diesem Albtraum... das ist so furchtbar. Ich dachte an einen schlechten Scherz, als ich die Zeitung aufschlug. Jetzt kommt noch diese Thurgood aus England, die den dunklen Lord verraten hat, die ist doch Lebensmüde. Monsier, ich kann dem Ruf meines Namens nicht so etwas antun... untätig herumsitzen, ist das Letzte, was ich zu tun gedenke." sagte sie und ihre Augen funkelten voller Tatendrang, man sah, wie ernst es ihr war.

"Den dunklen Lord verraten..", wiederholte er nachdenklich. Er hatte davon gehört, aber nicht gewusst, dass es ausgerechnet seine neue Kollegin sein sollte. Der dunkle Lord hatte Einiges vollbracht, was Balor schätzte, doch es gab ein großes Manko an seinen Taten: Er war gescheitert.
Der Tatendrang seiner Schülerin gefiel Balor ungemein. Sie schien felsenfest entschlossen und er war sich sicher, dass sie etwas bewirken konnten, sofern sie es richtig anstellten. Er nahm an, dass sie ebenso wie ihr Lehrer zurückhaltend mit ihrer Meinung über Muggel umging, wenn er bis jetzt nichts davon mitbekommen hatte. Darum musste er sich schonmal nicht sorgen. Er zog ein paar Mal an seiner Zigarre und nahm einen Schluck seines Kaffees, um die Geschmäcker zu verbinden. "Hmm", ließ er nur vernehmen und schwieg eine Zeit lang. "Gut Ding will Weile haben, Mademoiselle. Wir sollten subtil vorgehen. Dinge zerstören sich am ehesten selbst, das heißt, wir müssen die Guten spielen." Es hatte einen bitteren Beigeschmack, als er sagte, dass sich etwas am ehesten selbst zerstörte, denn er wusste genau wovon er da sprach.

Missmutig den Mund verziehend lehnte sie sich zurück und leerte ihre Tasse in einem Zug, dann fing sie an an dem kleinen Keks zu knabbern, der dazu serviert wurde. "Ich hatte sicherlich nicht vor, alle Muggel abzustechen, so schön das wäre, aber dumm bin ich nicht" sagte sie etwas pikiert, über sein weniges Vertrauen in sie.

Es brachte Balor ein Grinsen, dass sein Gegenüber verstimmt reagierte. "Verzeihen Sie, das wollte ich Ihnen keines Wegs unterstellen, Mademoiselle Dolohov." Aber es zeugte sicherlich davon, dass sie wusste, was sie tat. Er schlug nun ein Bein quer über das andere, zog an seiner Zigarre und ließ den Rauch in kleinen Stößen wieder frei. Die Sonne war wirklich ein Genuss, er reckte das Kinn ein wenig nach oben, als würde er sie so besser abbekommen. "Freuen Sie sich auf den Unterricht?", fragte er, als er den Kopf wieder sinken ließ, um Marika anzusehen.

Sie schob sich den letzten Rest des Kekses in den Mund und kaute still vor sich hin, langsam legte sich ihre Unsicherheit, hatten Sie doch wenigstens eine Gemeinsamkeit gefunden. Widerwillig sah sie ihm zu, wie er genüsslich vor sich hinrauchte und verspürte den Drang, ihn zu bitten, auch eine Zigarre zu bekommen. Aber das liess sie. Frauen durften, wenn schon sowieso nur Zigarretten rauchen.
"Sicher, auch wenn ich leidvoll befürchte, das ich nichts Neues lernen werde" sagte sie schmunzelnd, denn sie hatte sich schon durch die ganze Bibliothek gelesen und glaubte wirklich nicht mehr daran, etwas neues lernen zu können, jedenfalls nicht im Unterricht.

"Theoretisch mögen Sie überragend sein, doch sind Sie auch in der Praxis geübt?" Er kannte viele Menschen, die sich in ihrem Leben eine Menge Wissen angeeignet hatten, aber in der Anwendung kläglich scheiterten. Verstanden hatte er das nie, man solle vorbereitet sein, man wisse ja nie. Wäre sie einer jener Menschen, würde ihr Lehrer das allerdings ausbügeln können. Dass sie den Stoff konnte, der ihr vorgesetzt wurde, wusste er, aber es gab immerhin einiges mehr zu lernen. Balor stützte einen Ellenbogen auf die Stuhllehne, nachdem er noch einen Schluck Kaffee getrunken hatte.

Ein süffisantes machte sich auf ihren zarten Lippen breit, als er das sagte, sie musste schwer unterdrücken, nicht zu lachen. "Monsier, haben Sie mir nicht zugehört, als ich über meinen Vater erzählte? Er würde sich zu tode schämen, wenn ich keinen Unverzeihlichen anwenden könnte" sagte sie schmunzelnd, obwohl es ihren inneren bitter war. Ja, ihr Vater würde sie wahrscheinlich nichtmal sehen wollen, wenn sie unbegabt wäre. Dann würde sie ihn wahrscheinlich nie sehen.

Balor brummte auf, als sie ihm viel zu fröhlich unterstellte, dass er nicht zugehört hatte. Eine Augenbraue lugte unter seiner Sonnenbrille hervor, die sich schnell wieder senkte. "Ich rede nicht von gewöhnlichen Flüchen, die jeder degenerierte Pseudoschwarzmagier von sich lässt." In seiner Stimme lag Arroganz von größtem Ausmaß, seine nächsten Sätze wurden er jedoch ruhiger, sogar ein wenig belehrend. "Es gibt viel mehr, Mademoiselle." Dabei war er sich gar nicht so sicher, ob Marika solch Flüche nicht doch kannte, bei ihrer Wissensgier und dem Fakt, dass ihr Vater Todesser war. Andererseits musste Balor selbst jahrelang suchen und studieren, um die Abgründe der Magie wirklich kennen zu lernen.

"Sicher habt ihr Recht" sagte sie tonlos. Ihre Meinung war eine ganz andere, es beleidigte sie, dass er sie mit Pseudoschwarzmagiern gleichstellte und sicher hätte sie widersprochen, wenn es nicht ihr Lehrer und ein Erwachsener Mann wäre, der ihr da gegenüber saß. Eine Frau äußerte ihre Meinung nicht und schon gar nicht ein Mädchen ihres Alters.

Marika schien nicht gerade überzeugt. Für Balor war es ein Leichtes, jemandem kurz und schmerzlos das Leben auszuhauchen, nicht aber ein Opfer lange leiden zu sehen. Das hatte seine Nerven immer strapaziert damals. Nicht gerade aus Mitleid, es war eher ein aufwühlendes, nicht einzuordnendes Gefühl, eine Mischung aus Beschwingtheit und Bitterkeit. Er versank für einen kurzen Moment in Erinnerungen, bis er beinahe aufschreckte, als er in die Realität zurückkehrte. Hastig nahm er einen Schluck aus seiner Tasse und musterte seine Schülerin. "Womöglich hat jeder eine eigene Auffassung von Grausamkeit", gestand er ein und ließ seinen Blick durch die Menschenmengen schweifen.

Sie wollte antworten und öffnete den Mund, dann entschied sie sich um und schüttelte sie den Kopf. Fasst hätte sie noch über ihre Gefühle gesprochen und das tat sie ausnahmslos nie. "Sicher... Und wie waren ihre Ferien" fragte sie tonlos um das Thema abzuschütteln.

Er sah wieder zu ihr, als sie ihn nach seinen Ferien fragte. "Ereignislos. Und Ihre?" Balor hatte seine Ferien wie immer verbracht. Die meiste Zeit war er in seinem abgeschiedenen Haus außerhalb Paris gewesen. Gekauft hatte er es zu Zeiten, in denen er Geld hatte. Sein Vermögen hatte damals stets ein Auf und Ab durchlaufen und er konnte von Glück reden, dass es ihm damals schon wichtig einen festen Wohnsitz zu besitzen, denn mittlerweile könnte er sich einen solchen gar nicht mehr leisten. Der Schwarzmagier müsste womöglich in einer kleinen Wohnung inmitten Paris leben, umringt von Muggeln.

Nachdenklich fixierte sie die Tischplatte, während sie im Kopf ihre Ferien revue ziehen liess. "Auch... ich hab eigentlich nur gelernt und mich meinen eigenen Studien gewidmet... ja. Haben Sie denn eine Familie, Monsier?" fragte sie aufmerksam und sah zu ihm auf.

Mit der Frage überraschte Marika ihn ein wenig. Er hasste Fragen nach seiner Familie und wusste nie recht, was er antworten sollte. Vielleicht würde er sogar lügen, wenn er nur sagte, dass er eine hatte. Ob sie wohl noch lebten, fragte er sich manchmal, aus reiner Neugierde. Balor ließ sie ein wenig warten, wandte sich derweil Kaffee und Zigarre zu. Schließlich ließ er sich lediglich zu einem "Ja, die habe ich, Mademoiselle." herab, blickte sie wieder an und wechselte das Thema. "Wie steht es mit Ihrer Schauspielerei, hm?"

Sie merkte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte, an dem sie nicht weiter zu ihm durchkam und abgestoßen wurde, aber das war okay, sie sprach auch nicht über ihren Vater. "Meine...? Ach so. Das ist nur ein Zeitvertreib, ich mach es gern, aber es ist bestimmt nicht mein Lebensinhalt. Das ist eher... ein Ventil" sagte sie nachdenklich und fuhr sich durch ihre langen Haare.